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ACHTUNG – Rollierende Durchrechnung der Wochenarbeitszeit!

Mit Erlass vom 13. Dezember 2019 hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz seine Rechtsansicht geändert und alle österreichischen Arbeitsinspektorate wie folgt angewiesen: „Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist nunmehr rollierend und nicht mehr wie bisher anhand fester Durchrechnungszeiträume festzustellen!“ Lesen Sie mehr…

Zum Hintergrund

In der Vergangenheit ging das Zentral-Arbeitsinspektorat davon aus, dass die Durchrechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit nur innerhalb fester Durchrechnungszeiträume erfolgen muss. Begründet wurde das damit, dass gemäß gesetzlicher Vorschriften im Arbeitszeitgesetz in den Arbeitszeitaufzeichnungen Beginn und Dauer von Durchrechnungszeiträumen festzuhalten sind, was im Fall einer rollierenden Durchrechnung überflüssig wäre.

Neue Rechtsprechung durch den Europäischen Gerichtshof

Der EuGH sprach in seiner Entscheidung C-254/18 vom 11.04.2019 aber aus, dass die EU-Mitgliedsstaaten zwar für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit feste Durchrechnungszeiträume vorsehen dürfen, aber dennoch sicherstellen müssen, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden auch in mit den festen Durchrechnungszeiträumen überschneidenden anderen Durchrechnungszeiträumen eingehalten wird.

Mittlerweile wurde auf EU-Ebene geklärt, wie diese unklare Formulierung zu verstehen ist: Sofern (wie in Österreich) in einzelnen Wochen Wochenarbeitszeiten von über 48 Stunden zulässig sind, muss jedenfalls rollierend durchgerechnet werden, da nur so sichergestellt werden kann, dass in jedem beliebigen Durchrechnungszeitraum der 48-Stunden-Schnitt eingehalten wird.

Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist daher künftig verpflichtend rollierend durchzurechnen. Der 48-Stunden-Schnitt muss somit in jedem beliebigen 17-Kalenderwochen-Zeitraum eingehalten werden.

Zum Begriff „rollierend“

Eine Durchrechnung mittels fester Durchrechnungszeiträume würde bedeuten, dass die Durchrechnung z. B. in folgenden Zeiträumen erfolgt:

1.-17. Kalenderwoche, 18.-34. Kalenderwoche etc.

Eine „rollierende“ Durchrechnung bedeutet, dass die Durchrechnung in folgenden Zeiträumen zu erfolgen hat:

1.-17. Kalenderwoche, 2.-18. Kalenderwoche, 3.-19. Kalenderwoche etc.

Der Durchrechnungszeitraum kann unter den Voraussetzungen des Arbeitszeitgesetzes auf 26 oder sogar 52 Wochen verlängert werden (nämlich je nach kollektivvertraglicher Regelung)!

Da das Gesetz die Wochenarbeitszeit als Arbeitszeit innerhalb einer Kalenderwoche (Montag bis Sonntag) definiert, hat die Durchrechnung jedenfalls immer nur innerhalb von aus Kalenderwochen bestehenden Durchrechnungszeiträumen zu erfolgen. (Der Durchrechnungszeitraum beginnt somit mit einem Montag und endet – im Normalfall 17 Wochen später – mit einem Sonntag.)

Zur Vorgangsweise

Künftig sind bei Arbeitszeitkontrollen, wenn es Verdachtsmomente gibt, dass möglicherweise der 48-Stunden-Schnitt nicht eingehalten wird (z. B. wegen gehäuften Auftretens höherer Arbeitszeiten), stichprobenartig beliebige 17-Kalenderwochen-Zeiträume (oder im Fall einer Verlängerung 26- oder 52-Kalenderwochen-Zeiträume – je nach kollektivvertraglicher Regelung) auszuwählen und zu kontrollieren. (Eine Kontrolle sämtlicher 17-Kalenderwochen-Zeiträume wird nur erforderlich sein, wenn bei der stichprobenartigen Überprüfung Übertretungen festgestellt werden.)

In einer allfälligen Strafanzeige wegen Überschreitung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit muss eindeutig präzisiert werden, innerhalb welchen 17/26/52-Kalenderwochen-Zeitraums die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nicht eingehalten wurde. Zur Vermeidung möglicher Missverständnisse ist der Durchrechnungszeitraum mit Beginn- und End-Datum anzugeben, nicht z. B. mit „KW 15 – KW 31“.

Die gesetzliche Bestimmung, dass in den Arbeitszeitaufzeichnungen Beginn und Dauer eines Durchrechnungszeitraums festzuhalten sind, ist obsolet. (Sie soll bei Gelegenheit aufgehoben werden.) Das Fehlen von Durchrechnungszeiträumen in den Arbeitszeitaufzeichnungen ist daher nicht zu beanstanden und es ist nicht mit Aufforderungen oder Strafanzeigen vorzugehen.

Wenn Arbeitgeberinnen oder Arbeitgeber in ihren Arbeitszeitaufzeichnungen fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt haben, sind sie durch das jeweils prüfende Arbeitsinspektorat zu beraten, dass ab sofort dennoch zwingend eine rollierende Durchrechnung erforderlich ist.

Zeitpunkt der Änderung

Wenn daher bei einer Kontrolle der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit durch das Arbeitsinspektorat festgestellt wird, dass die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber in den Arbeitszeitaufzeichnungen fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt hat, ist für die Zeit vor dem neuen Erlass vom 13.12.2019 die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit weiterhin nur im Rahmen dieser festgelegten Durchrechnungszeiträume zu überprüfen.

Wenn bei der Prüfung aber festgestellt wird, dass in der Zeit nach dem neuen Erlass vom 13.12.2019, aber vor der Beratung durch das Arbeitsinspektorat über die Pflicht zur rollierenden Durchrechnung in anderen als den in den Arbeitszeitaufzeichnungen festgelegten Durchrechnungszeiträumen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit überschritten wurde, ist für diese besagten Übertretungen jedenfalls nur mit Aufforderung durch das Arbeitsinspektorat vorzugehen, auch wenn es sich um Übertretungen handeln sollte, die normalerweise als schwerwiegend einzustufen wären.

Vor der Beratung durch das Arbeitsinspektorat erfolgte Übertretungen sind somit (bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen) nur dann anzuzeigen, wenn sie in den in den Arbeitszeitaufzeichnungen festgelegten Durchrechnungszeiträumen erfolgten.

Fazit

  1. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gemäß Arbeitszeitgesetz ist verpflichtend rollierend durchzurechnen!
  2. Die Arbeitsinspektion hat daher fortan die Einhaltung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit rollierend zu prüfen!
  3. Es ist nicht mit Aufforderungen oder Strafanzeigen vorzugehen, wenn in Arbeitszeitaufzeichnungen keine Durchrechnungszeiträume festgehalten werden!

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 21.02.2020

Artikel der Ausgabe Winter 2019