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07.08.2020: Corona-bedingte Steuerstundungen – wie geht es weiter nach dem 30.09.2020?

Viele Corona-bedingte Steuerstundungen laufen per 1. Oktober 2020 aus. Mit dem Konjunkturstärkungsgesetz 2020 werden für den Zeitraum danach „automatische“ Steuerstundungen verfügt oder alternativ wird ein Anspruch auf Ratenzahlungen für 12 bis 18 Monate gewährt. Lesen Sie mehr…

1.) Corona-bedingte Steuerstundungen

Mit der BMF-Info vom 24.03.2020 wurde angekündigt, dass die Abgabenbehörden aufgrund erwarteter Liquiditätsengpässe, die durch die Maßnahmen in Zusammenhang mit der Bekämpfung von COVID-19 bedingt waren, großzügig Steuerstundungen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen der Bundesabgabenordnung gewähren werden. Die Abgabenbehörden wurden hierbei angewiesen, Steuerstundungen bis zum 30. September 2020 zuzulassen. Von dieser Möglichkeit wurde umfassend Gebrauch gemacht: So wurden bis Ende Juni 2020 rund 6,5 Milliarden Euro Steuern gestundet. Eine Stundung bedingt jedoch, dass Abgaben später gezahlt werden müssen, weshalb sich die Frage stellt, wie es für die vielen Betroffenen nach dem 30.09.2020 weitergeht.

Mit dem Konjunkturstärkungsgesetz wurde nun erstmals eine Regelung zur „automatischen“ Steuerstundung geschaffen. Alternativ wird ein Anspruch auf Raten­zahlung über 12 bzw. 18 Monate gewährt.

2.) „Automatische“ Steuerstundung bis 15.01.2021

Bislang setzte das Bundesministerium für Finanzen in der COVID-19-Krise auf „klassische“ antragsbedingte Steuerstundungen auf Basis des bestehenden Rechts. Auf Kritik aus der Praxis, wonach flächendeckende Stundungen auf Antrag zu bürokratisch seien, reagierte das Finanzministerium durch die Schaffung der Möglichkeit von Formular-Anträgen, die vergleichsweise unbürokratisch per E-Mail eingebracht werden können.

Nunmehr gewährt der Gesetzgeber erstmals die Möglichkeit einer „automatischen“ Steuerstundung ohne zusätzlichen Antrag. Auf diese Weise zieht die Finanzverwaltung mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) gleich, für deren Sozial­versicherungsbeiträge bereits seit Kurzem eine gesetzliche Regelung für eine automatische Stundung bis zum 15.01.2021 besteht.

So sieht das Konjunkturstärkungsgesetz in der Bundesabgabenordnung für alle Stundungsanträge vor, dass die Stundung bis 15.01.2021 aufrecht bleibt, welche

  • nach dem 15.03.2020 bewilligt wurden und
  • deren Stundungsfrist am 30.09.2020 oder am 01.10.2020 endet.

Von dieser „automatischen“ Steuerstundung sind darüber hinaus

  • alle Abgaben mitumfasst, die bis spätestens 25.09.2020 auf dem Abgaben­konto verbucht werden, sowie
  • Einkommen- und Körperschaftsteuervorauszahlungen, die spätestens bis 27.11.2020 auf dem Abgabenkonto verbucht werden.

 

Bemerkenswert ist, dass dies nicht nur für zum jetzigen Zeitpunkt bereits bewilligte Steuerstundungen gilt. Da der Anwendungsbereich für die „automatische“ Steuerstundung lediglich darauf abstellt, dass eine Bewilligung nach dem 15.03.2020 erfolgt, ist es auch jetzt noch möglich, von der neuen Stundungsregelung zu profitieren. Voraussetzung ist jedoch, dass die Stundung bis 30.09.2020 bzw. 01.10.2020 bewilligt wird und auch die Zahlungsfrist bis dahin festgelegt wird. Mit einer raschen Antragstellung kann man daher die neue Regelung noch in Anspruch nehmen.

3.) Ratenzahlung als Alternative zur Steuerstundung

Da gestundete Steuern naturgemäß später in voller Höhe zu entrichten sind, hat der Gesetzgeber eine großzügige Regelung geschaffen, die es den Abgabepflichtigen erleichtern soll, den angelaufenen Betrag an gestundeten Abgaben abzutragen. Hierfür wurde erstmals ein Rechtsanspruch auf eine Bewilligung einer Ratenzahlung normiert (bislang lag die Bewilligung von Ratenzahlungen im Ermessen der Abgabenbehörde).

Die neue Ratenzahlungsregelung sieht vor, dass die Abgabenbehörden

  • zwingend eine Ratenzahlung in zwölf „angemessenen“ Monatsraten
  • bei Antragstellung vor Ende der Stundungsfrist, spätestens jedoch am 30.09.2020,

zu bewilligen haben.

Danach ist eine weitere zwingende Ratenzahlung über sechs weitere „angemessene“ Monatsraten zu gewähren, wenn

  • dies beantragt wird und
  • die sofortige Entrichtung des verbleibenden Abgabenbetrags mit erheblichen Härten verbunden wäre.

Der Lauf der Monatsraten richtet sich hierbei nach dem Zeitpunkt der Antragstellung. Soll daher der Zahlungsaufschub möglichst lange andauern, sollte ein Antrag eher am Ende der Antragsfrist, die mit 30.09.2020 angesetzt wurde, gestellt werden. Auf diese Weise kann eine Ratenzahlung bis 30.09.2021 bzw. in weiterer Folge bis 31.03.2022 erzielt werden.

Der Gesetzgeber legt in den Erläuternden Bemerkungen dar, dass die Raten „in Bezug auf die wirtschaftliche Lage angemessen“ sein müssen. Diesbezüglich kommt es daher auf den Einzelfall an; es wird jedoch davon auszugehen sein, dass mit den zwölf Monatsraten der überwiegende Anteil der Steuerschulden abzutragen ist, da es andernfalls kaum darstellbar wäre, wie in den möglicherweise verbleibenden, zusätzlichen sechs Monaten der Restbetrag abbezahlt werden kann.

4.) Haftungsrisiko für Geschäftsführer nach neuen Zahlungserleichterungs­vorschriften?

Nach den neuen Bestimmungen über Zahlungserleichterungen besteht ein deutlich reduziertes Risiko für die Haftung für Abgabenbeträge, die letztendlich nicht mehr entrichtet werden können. Bei den bisherigen „klassischen“ Stundungsanträgen war Tatbestandsvoraussetzung für eine Antragstellung, dass die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet ist. Hätte der Geschäftsführer daher bei Antragstellung erkennen müssen, dass die von der Zahlungserleichterung betroffenen Abgaben nicht mehr bezahlt werden können, wird beim Zahlungsausfall die gesetzliche Haftung des Geschäftsführers schlagend.

Nach den neuen Zahlungserleichterungstatbeständen besteht dieses Risiko jedoch nicht mehr, da weder die „automatische“ Stundung noch die Ratenzahlung ein Nichtbestehen einer Gefährdung der Einbringlichkeit als Tatbestandsvoraussetzung hat. Eine Inanspruchnahme dieser Regelungen trotz bestehender Gefährdung der Einbringlichkeit kann daher keine abgabenrechtliche Pflichtverletzung darstellen, die sich haftungsbegründend auswirken könnte.

Dennoch kann für die „automatisch“ gestundeten oder von Zahlungserleichterungen betroffenen Abgabenschulden eine Haftung schlagend werden, wenn der Geschäftsführer bereits bei der ursprünglichen Stellung des Stundungsantrags erkennen hätte müssen, dass die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet ist. Denn dieser Antrag wurde nach jener Gesetzeslage gestellt, bei dem die Nichtgefährdung der Einbringlichkeit nach wie vor Tatbestandsvoraussetzung ist. Die Anwendbarkeit der neuen Regeln ist hingegen eine zwingende Folgewirkung dieses ursprünglichen Antrags.

Aus diesem Grund ist es dringend geboten, so detailliert wie möglich zu dokumentieren, auf welcher Grundlage die ursprüngliche Steuerstundung erfolgte. Hierfür sollte ein integrierter Finanzplan auf Basis jener Planungsparameter aufgestellt werden, von denen man bei ursprünglicher Beantragung der Steuerstundung ausging (und auf Basis dieser sollte darstellbar sein, dass die Steuerschulden letztendlich bezahlt werden können). Wenn sich herausstellt, dass die Planungsparameter nicht eintraten und die Gefährdung der Einbringlichkeit daher erst später auftritt, kann sich diese hingegen nicht haftungsbegründend auswirken.

5.1. Bundesministerium für Finanzen (BMF) – Reduktion von Stundungszinsen, Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen und Anspruchszinsen

Für die verlängerten Zeiträume für Zahlungserleichterungen kommen reduzierte Stundungszinssätze (jeweils p.a., Aufschlag auf den Basiszinssatz, derzeit - 0,62 %) zur Anwendung:

  • 03.2020 bis 15.01.2021: keine Stundungszinsen;
  • 01.2021 bis 28.02.2021: 2 %;
  • 03.2021 bis 30.04.2021: 2,5 %;
  • 05.2021 bis 30.06.2021: 3 %;
  • 07.2021 bis 31.08.2021: 3,5 %;
  • 09.2021 bis 31.10.2021: 4 %;
  • ab 01.11.2021: 4,5 %.

 

WICHTIG: Weiters werden für den Veranlagungszeitraum 2020 keine Anspruchszinsen festgesetzt. Auch Säumniszuschläge werden für Abgaben, die zwischen dem 15.03.2020 und dem 31.10.2020 fällig werden, nicht festgesetzt! Diese Erleichterungen gelten jedoch nicht für Landes- und Gemeindeabgaben.

5.2. Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) – Information zu den Verzugszinsen

Beitragszeiträume Februar bis April 2020

Diese Beiträge wurden bisher bei coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten verzugszinsenfrei bis 31.05.2020 gestundet. Sie sind bis spätestens 15.01.2021 zu überweisen. Dabei fallen weiter keine Verzugszinsen an. Sollten die Liquiditätsprobleme am 15.01.2021 weiterhin bestehen, so besteht die Möglichkeit, die offenen Beiträge über Antrag auf 11 Raten beginnend mit Februar 2021 aufzuteilen. Diesbezügliche Anträge können erst ab Jänner 2021 gestellt werden. Die Regelung hilft Betrieben bei coronabedingten Schwierigkeiten. Natürlich können die offenen Beiträge auch schon im Laufe des Jahres 2020 bezahlt werden.

Beitragszeiträume ab Mai 2020

Für Beitragszeiträume Mai bis Dezember 2020 sieht das Gesetz bei coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten die Möglichkeit von Stundungen für maximal 3 Monate und Ratenzahlungen bis längstens Dezember 2021 vor. Dabei fallen Verzugszinsen in Höhe von 3,38% p.a. an. Die Beiträge sind bei Selbstabrechnerbetrieben mit Ende des Kalendermonats fällig und bis zum 15. des Folgemonats inkl. Respiro einzuzahlen. Anträge für die Monate Mai/Juni/Juli 2020 können frühestens ab der Veröffentlichung des vom Bundesrat blockierten Gesetzes gestellt werden. Die coronabedingten Zahlungsschwierigkeiten sind glaubhaft zu machen. Dazu wird die ÖGK ein entsprechendes Formular auf ihrer Website bzw. in WEBEKU zur Verfügung stellen. Vorher eingebrachte Anträge können nicht bearbeitet werden.

Die coronabedingte Stundung der Beiträge bis 31.08.2020 erfolgt durch die Aussetzung der Einbringungsmaßnahmen quasi automatisch. Für die Ratenvereinbarungen ist zu beachten, dass die Bearbeitung eines Ratenansuchens ohne erstattete monatliche Beitragsgrundlagenmeldung nicht möglich ist. Erstatten Sie daher im Falle der Beantragung einer Ratenzahlung die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung möglichst frühzeitig. Ihr Ansuchen kann sodann rascher bearbeitet werden.

6.) Fazit

Mit dem Konjunkturstärkungsgesetz werden neue Regelungen für Zahlungserleichterungen geschaffen. So werden bis 30.09.2020 bzw. 01.10.2020 gestundete Abgabenschulden „automatisch“ bis 15.01.2021 gestundet. Zudem wird ein neuer Ratenzahlungstatbestand geschaffen: Bis 30.09.2020 kann für bis dahin bewilligte Stundungen eine Ratenzahlung über zwölf Monatsraten beantragt werden, für die ein Rechtsanspruch besteht. Eine weitere Ratenzahlung über zusätzliche sechs Monatsraten ist im Anschluss zu gewähren, wenn die Abzahlung des Restbetrags eine erhebliche Härte darstellt. Es ist daher geboten, noch vor 30.09.2020 Stundungen zu erwirken, wenn man von der neuen Regelung profitieren will, denn für Raten­zahlungsansuchen, die erst danach gestellt werden, besteht kein Rechtsanspruch nach der neuen Bestimmung.

 

Quelle bzw. weiterführende Informationen finden Sie unter:

Lindeverlag, Fachzeitschrift SWK, 95. Jahrgang, Heft 22/2020 vom August 2020

https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.859596&portal=oegkdgportal

 

 

Obige Ausführungen stellen allgemeine Informationen zum Thema des jeweiligen Newsletters dar (Ausführungen ohne Gewähr) und können deshalb ein persönliches Beratungsgespräch keinesfalls ersetzen. Zögern Sie deswegen nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 07.08.2020

Artikel der Ausgabe Sommer 2020

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