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Aufwendungen für ein Geländer einer rollstuhl-bedingten Rampe als außergewöhnliche Belastung

Unter „außergewöhnlichen Belastungen“ im Sinne des Einkommensteuergesetz sind nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Lesen Sie mehr…

Abgrenzung zur Vermögensumschichtung

Den „außergewöhnlichen Belastungen“ stehen aber jene Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Jahr 2017 festgehalten, dass Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn durch die Aufwendungen ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn also somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt.

Dabei ist der Begriff des Gegenwerts nicht so streng zu verstehen, dass eine Art Vermögensbilanz aufzustellen und genau zu prüfen wäre, ob sich Aufwendungen und Gegenwert voll decken. Der Gegenwert muss auch nicht in einem eigenständigen Wirtschaftsgut bestehen; vielmehr führen auch solche Ausgaben zu einer bloßen Vermögensumschichtung, die für ein schon bestehendes Wirtschaftsgut des Steuerpflichtigen aufgewendet werden und dessen Wert erhöhen.

Es darf sich allerdings nicht um eine bloß kurzfristige Wertsteigerung des bestehenden Wirtschaftsguts handeln. Die Wertsteigerung muss auch noch für einen allfälligen Erwerber des Wirtschaftsguts von Bedeutung sein. Die Frage, ob Herstellungsaufwand oder Erhaltungsaufwand vorliegt, spielt bei der außergewöhnlichen Belastung keine Rolle; maßgebend ist allein die Eignung des Aufwands, den Wert des Objekts, auf das er getätigt wird, zu erhöhen.

Individuelle Ausgaben

Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsguts sind somit in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Eine andere Beurteilung kann allerdings geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Urteil festgehalten, dass eine Wohnung in der Regel durch eine behindertengerechte Ausgestaltung keine Wertsteigerung erfährt. Muss aber realistischerweise davon ausgegangen werden, dass behinderungsbedingte Aufwendungen für die Wohnung bei einer unterstellten Verwertung dieser Wohnung nicht abgegolten werden, kann von der Schaffung eines Gegenwerts nicht ausgegangen werden.

Urteil des Wiener Bundesfinanzgerichts vom September 2019

Im Wiener Beschwerdefall war unter anderem die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Errichtung eines Rampengeländers strittig. Nach Ansicht des Finanzamts stellen diese Aufwendungen lediglich eine Vermögensumschichtung dar, weil durch die Anschaffung eines handelsüblichen Geländers zur Errichtung einer den Bauvorschriften entsprechenden Absturzsicherung ein Gegenwert geschaffen worden sei, der im Falle einer Verwertung des Gebäudes abgegolten werden würde. Da es sich bei diesen aus der Einhaltung der Bauvorschriften resultierenden Ausgaben um Aufwendungen handeln würde, die jeden treffen, der Terrassen und Zugänge ab einer gewissen Fallhöhe schafft, liege keine geforderte Außergewöhnlichkeit vor.

Das Geländer einer behinderungsbedingt veranlassten, rollstuhlgerechten Rampe, welches auf dieser montiert ist, stellt mit der Rampe selbst ein einheitliches Wirtschaftsgut dar. Literaturmeinungen zufolge liegt ein einheitliches Wirtschaftsgut dann vor, wenn die Bestandteile in einem einheitlichen Nutzungszusammenhang und Funktionszusammenhang stehen.

Der Erwerb der Bestandteile von verschiedenen Käufern und die Ausstellung verschiedener Rechnungen steht der Beurteilung als einheitliches Wirtschaftsgut nicht entgegen. Die Frage, ob Aufwendungen zu einem (einheitlichen) Wirtschaftsgut geführt haben, ist im Zweifel – im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs – nach der Verkehrsauffassung zu lösen. Wenn folglich die Bauvorschriften die Errichtung eines Geländers für eine Rampe (wie im Wiener Beschwerdefall) als Absturzsicherung als „Grundanforderung an Bauwerke“ vorsieht, indiziert dies das Vorliegen eines einheitlichen Wirtschaftsguts nach der Verkehrsauffassung.

Die Schaffung einer barrierefreien Zugangsmöglichkeit zur Terrasse des Einfamilienhauses war durch die Gehbehinderung des Beschwerdeführers veranlasst. Da der Beschwerdeführer auf den Rollstuhl angewiesen war und somit die Terrasse nur über eine barrierefreie Zugangsmöglichkeit wie die Rampe erreichen konnte, war diese auch erforderlich.

Für derartige behinderungsbedingte Mehraufwendungen kann aber der Gegenwertgedanke, der ansonsten bei außergewöhnlichen Belastungen zu beachten ist, nicht greifen: Muss realistischerweise davon ausgegangen werden, dass behinderungsbedingte Aufwendungen bei einer unterstellten Verwertung nicht abgegolten werden, dann kann von der Schaffung eines Gegenwerts nicht ausgegangen werden!

Dies trifft auch auf die Errichtung einer behinderungsbedingt veranlassten Rampe zu. Zwar muss der Gegenwert nicht in einem eigenständigen Wirtschaftsgut bestehen, aufgrund des Charakters als einheitliches Wirtschaftsgut kann jedoch für das gegenständliche Geländer der Rampe betreffend die Behinderungsbedingtheit nichts anders gelten: Dass es sich bei der einzelnen Komponente des Geländers als Absturzsicherung der Rampe um ein handelsübliches Modell gehandelt hat, vermag dabei insgesamt, das heißt in Zusammenschau mit der Rampe, auf der es montiert ist, an der Behinderungsbedingtheit nichts zu ändern.

Das Geländer der Rampe dient lediglich der Absturzabsicherung entsprechend den Bauvorschriften. Insofern kann in einem behinderungsbedingt errichteten Rampengeländer gerade kein handelsüblicher Gebrauchsgegenstand erblickt werden, der für jedermann nutzbar ist. Die Absicherung der Rampe durch das gegenständliche Geländer würde sich auch im Falle eines Verkaufs des Wohnobjekts nur eigeschränkt auf den Verkehrswert auswirken. Da das Rampengeländer daher nicht geeignet ist, den Wert der Rampe bzw. infolgedessen des Wohnobjekts zu erhöhen, waren die in freier Beweiswürdigung festgestellten auf das Rampengeländer entfallenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

 

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Stand: 27.09.2019

Artikel der Ausgabe Herbst 2019