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Immobilienertragsteuer – Polizeiliche Meldung für Hauptwohnsitzbefreiung nicht zwingend erforderlich

In einem kürzlich ergangenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts Wien hat das Gericht gezeigt, dass die Hauptwohnsitzmeldung im Zentralen Melderegister für die Beurteilung der Hauptwohnsitzbefreiung im Rahmen der Immobilienertragsteuer (ImmoESt.) nicht ausschlaggebend ist. Vielmehr ist auf die tatsächliche Nutzung abzustellen. Lesen Sie mehr…

Sachverhalt

Für eine in Österreich liegende und von der Beschwerdeführerin verkaufte Liegenschaft schrieb das Finanzamt Immobilienertragsteuer in Höhe von 3,5 % des Veräußerungserlöses („Altvermögen“) vor. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass die Beschwerdeführerin die Liegenschaft im Erbwege erlangt hat und die Hauptwohnsitzbefreiung „5 aus 10 Jahren“ nicht erfüllt wurde. Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet abgewiesen, nachdem laut Auszug des Zentralen Melderegisters die Beschwerdeführerin in den letzten zehn Jahren nicht durchgehend für fünf Jahre an der dortigen Adresse ihren Hauptwohnsitz hatte.

Im Rahmen ihres Antrags auf die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz begründete die Beschwerdeführerin die nicht für fünf Jahre durchgängige Hauptwohnsitzmeldung damit, dass sie für ihren Sohn die Genossenschaftswohnung ihrer Tante übernehmen wollte, für welche sie an der dortigen Adresse polizeilich gemeldet sein musste. Ihren Mittelpunkt des Lebensinteresses habe sie jedoch an der Adresse der verkauften Liegenschaft gehabt, was sie durch das Vorlegen von Gas-, Wasser- und Stromrechnungen, die alle auf ihren Namen lauteten, vorwies.

Pro forma hatte die Beschwerdeführerin ihrem Arbeitgeber die Adresse der Genossenschaftswohnung ihres Sohnes bekanntgegeben und sich auch die Post dorthin zustellen lassen, nachdem sie dort hauptgemeldet war. Aufgrund der geringen Entfernung zwischen der Wohnung des Sohnes und ihrer Liegenschaft holte die Beschwerdeführerin ihre Post regelmäßig ab. Zudem war die Beschwerdeführerin noch Eigentümerin eines Einfamilienhauses, welches sie im Schenkungswege erwarb und für welches ihre Mutter ein Wohnrecht auf Lebenszeit hatte. Das besagte Einfamilienhaus lag in unmittelbarer Nähe zu ihrer Wohnstätte, weshalb sie sich bis zum Tod ihrer Mutter um diese kümmern konnte.

Das Finanzamt beantragte die Abweisung der Beschwerde, da die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen betreffend des Gas-, Strom- und Wasserverbrauchs am Standort ihres vermeintlichen Hauptwohnsitzes kein eindeutiges Bild ergaben.

Entscheidung

Gemäß den Bestimmungen der Immobilienertragsteuer sind Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen von der Besteuerung auszunehmen, wenn es sich einerseits u.a. um ein Eigenheim oder um eine Eigentumswohnung handelt und andererseits dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre für mindestens fünf Jahre durchgängig als Hauptwohnsitz gedient haben. Der Begriff des Hauptwohnsitzes knüpft dabei mangels Definition im Einkommensteuergesetz an die allgemeinen Ausführungen der Bundesabgabenordnung:

Demnach ist auf die tatsächliche Nutzung abzustellen; der Meldung als Hauptwohnsitz kommt keine materiell-rechtliche Bedeutung zu. Sind mehrere Wohnsitze vorliegend, bildet jener den Hauptwohnsitz, der den Mittelpunkt des Lebensinteresses darstellt.

Das Bundesfinanzgericht stellte fest, dass die Hauptwohnsitzbefreiung „5 aus 10 Jahren“ der Beschwerdeführerin für die veräußerte Liegenschaft – trotz der fehlenden durchgängigen polizeilichen Meldung als Hauptwohnsitz – zusteht:

Die von der Beschwerdeführerin dem Gericht vorgelegten und auf ihren Namen lautenden Rechnungen über Gas, Strom und Wasser erschienen glaubhaft. Den stark rückläufigen Gasverbrauch konnte die Beschwerdeführerin mit dem Einbau eines Edelstahl- sowie Holzkamins begründen, für welche sie dem Gericht ebenso Rechnungen vorlegen konnte. Ebenfalls als plausibel beurteilte das Gericht die Postabholung von der Wohnung des Sohnes aufgrund der geringen Distanz.

Fazit

Grundstücksveräußerungen sind gemäß den Bestimmungen der Immobilienertragsteuer von der Besteuerung ausgenommen, wenn eines der beiden Tatbestandsmerkmale erfüllt ist:

  • Fall 1: Das Eigenheim oder die Eigentumswohnung hat dem Veräußerer ab Anschaffung bzw. Herstellung und bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre als Hauptwohnsitz gedient ODER
  • Fall 2: Das Eigenheim oder die Eigentumswohnung hat dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung für mindestens fünf Jahre als Hauptwohnsitz gedient.

Wird ein Grundstück im Rahmen einer Schenkung oder im Erbwege erworben, kann mangels Anschaffung keine Befreiung im Sinne des Fall 1, sondern nur Fall 2 („5 von 10 Jahren“) zur Anwendung kommen, es sei denn, der Beschenkte bzw. der Erbe war bereits seit Anschaffung oder Herstellung durch den Rechtsvorgänger durchgehend in dem unentgeltlich erworbenen Hauptwohnsitz wohnhaft.

Nachdem dies im vorliegenden Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts nicht zutreffend ist, war zu eruieren, ob das von der Beschwerdeführerin veräußerte Grundstück ihr in den letzten zehn Jahren vor Veräußerung für mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient hat:

Das Bundesfinanzgericht erkannte der Beschwerdeführerin die Hauptwohnsitz­befreiung trotz fehlender (durchgängiger) Meldung als Hauptwohnsitz zu. Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belege, welche auf die Nutzung des Grundstückes als Hauptwohnsitz schließen ließen, erschienen dem Gericht plausibel.

Damit hat das Gericht deutlich gemacht, dass für die Beurteilung des Hauptwohnsitzes auf die tatsächliche Nutzung abzustellen ist. Um diese im Bedarfsfall aufzeigen zu können, ist es essenziell, entsprechende Nachweise (beispielweise in Form von Belegen, Rechnungen, Unterlagen, Fotos, etc.) aufzubewahren.

Zögern Sie nicht uns bei Fragen oder Unklarheiten zu kontaktieren! Ihr Team der Steuerberatung Illmer und Partner – Die kompetente Beratung in Landeck.

Stand: 19.04.2019

 

Artikel der Ausgabe Frühling 2019